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Fehlerkultur: Was Führungskräfte beim Fehlermanagement stärkt

By 30. Oktober 2013April 14th, 20211 Kommentar

Fehlermanagement gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Führungskräften. Doch statt einer bewussten Fehlerkultur sind Fehler in vielen Unternehmen nach wie vor ein Tabu-Thema. Im Coaching mit Führungskräften fällt mir immer wieder auf, wie groß die Angst vor Fehlern und einem damit möglicherweise verbundenen Misserfolg ist.

Tatsächlich passieren jedem Fehler und Pannen. Das ist ein menschlicher und alltäglicher Vorgang. Wer aber nur auf Fehlervermeidung setzt, riskiert in Routinen zu erstarren und vergibt viele Chancen.

Fehler produktiv nutzen

Leichter gesagt als getan. In deutschen Unternehmen herrscht vielerorts Nulltoleranz gegenüber Fehlern. Anstatt gemeinsam im Team sachlich auszuwerten woran es hapert, wird oftmals nur auf personeller Ebene die Schuldfrage gestellt. Der Erkenntnisgewinn bleibt so auf der Strecke. Der potenzielle Lerneffekt, den eine gründliche Fehleranalyse bietet, ist damit verschenkt.

In den USA zum Beispiel, lebt das „trial & error“-Prinzip. Gerade Industrieunternehmen betrachten Rückschläge als notwendige Entwicklungsschritte hin zu neuen Produkten. In Japan hat Toyota das „Toyota-Produktionsprinzip“ etabliert: Jeder Mitarbeiter darf die Fertigung stoppen, wenn er einen Fehler entdeckt. Fehler werden so als elementarer Bestandteil von Arbeitsprozessen akzeptiert und mit Hilfe eines klaren Regelwerks behoben. In Zeiten globalisierter Arbeitsprozesse tun wir also gut daran, uns mit den unterschiedlichen Fehlerkulturen auseinanderzusetzen.

Wie produktiv eine tolerante Fehlerkultur sein kann, konnte ich als junge Führungskraft selbst erfahren. Auf meine neue Aufgabe wurde ich von meinem Vorgesetzten mit dem Hinweis vorbereitet: „Du darfst Fehler machen. Das ist ein notwendiger Schritt beim Lernen.“ Der regelmäßige Austausch über unsere Projekte und deren Probleme fand in offener Atmosphäre statt. Es gab schnelle Lernerfolge, gute Ergebnisse beim Kunden und damit viel Rückenwind für meine Entwicklung als Führungskraft. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte und die eine wichtige Grundlage für meine weitere Arbeit  darstellt.

Mein Fazit:

  1. Produktives Fehlermanagement erfordert eine reflektierte und für die Mitarbeiter praktisch nachvollziehbare Haltung der Führungskraft zu Fehlern.
  2. Wenn Fehler passieren, kommt es auf einen adäquaten, sachlichen und klar geregelten Umgang mit der Situation an. Und Regeln dafür legt die Führungskraft fest.

1. Auf die Haltung der Führungskraft kommt es an

Der adäquate Umgang mit Fehlern in einer Organisation oder einem Unternehmen hängt entscheidend  von der Haltung ihrer Führungskräfte ab. Entscheidend ist dabei auch, wie die Führungskraft mit eigenen Fehlern umgeht. Denn eine offene Fehlerkultur braucht Vorbilder. Nur wenn Führungskräfte auch eigene Fehler thematisieren und Misserfolge transparent machen, ist eine fehlertolerante Haltung auch glaubwürdig. Nur so kann sich langfristig ein anderes Fehlermanagement durchsetzen.

Jede Führungskraft muss für sich klar definieren: Wie will ich als Verantwortliche mit Fehlern umgehen? Wie definiere ich überhaupt Fehler in unserem Arbeitskontext? Welche Frühwarnsysteme machen Sinn? Was ist dann zu tun? Und vor allem: wissen das auch meine Mitarbeiter?

Eingespielte Prozesse hinterfragen – Ansprechbar sein für Mitarbeiter

Die Mitarbeiter können in diese Überlegungen durchaus mit einbezogen werden. Die kritische Reflexion auch von eingespielten Prozessen ist im Team oftmals effektiver, zudem wird so der offene und vor allem sachliche Umgang mit potenziellen Fehlern geübt. Immer mehr Unternehmen implementieren regelmäßige Feedbackformate in ihre Führungs- und HR-Prozesse.

Zum Thema Frühwarnsystem gehört auch, Mitarbeitern deutlich zu signalisieren, dass man für Probleme und Fragen im Arbeitsalltag ansprechbar ist. Wenn rechtzeitig kritische Projekte erörtert werden können, lassen sich größere Probleme oftmals im Vorfeld vermeiden.

Delegation statt Selbermachen

Ein neuralgischer Punkt, der im Führungskräfte-Coaching immer wieder aufkommt, ist die Delegation von Aufgaben – eigentlich ein Paradoxon: Aus Angst vor Fehlern erledigt mancher Chef wichtige Aufgaben lieber selbst. Vielen fällt es schwer, Aufgaben loszulassen und auf ihre Mitarbeiter zu vertrauen. Das demotiviert nicht nur die Mitarbeiter, es bindet wertvolle Ressourcen der Führungskraft, die eigentlich benötigt werden, um Prozesse gut zu steuern und – siehe oben – für Mitarbeiter ansprechbar zu sein. Die Delegation von Aufgaben dient also auch der Fehlerprävention.

2. Adäquater und geregelter Umgang mit Fehlern

Wenn es zu Fehlleistungen kommt, dann ist die Reaktion der Führungskraft entscheidend Schlüsselrolle. Sie muss kontextadäquat vorgehen und dafür sorgen, dass der Schaden begrenzt wird – so schnell es geht.

Wenn dies erreicht ist, gilt es den Vorgang intern auszuwerten. Dabei ist zu beachten, dass nicht nach Schuldigen gesucht wird, sondern im Team überlegt wird, wie derartige Fehler vermieden werden können – mit klar formulierten Ergebnissen (z.B. mit der „lessons learned“-Methode).

Hilfreich kann sein, für den Umgang mit Fehlern Regeln aufzustellen (z.B. „Fehler dürfen nur einmal passieren.“). Je besser diese Bewältigungsprozesse geregelt sind, desto schneller kann ein Team auch wieder zur anstehenden Arbeit zurückkehren. Hier ist ebenfalls die Führungskraft gefragt, die Nachbereitung dann auch für alle deutlich abzuschließen und so eine Rückkehr zum Arbeitsalltag zu ermöglichen.

Wie steht es um Ihre Fehlerkultur? Wie gehen Sie mit Fehlern um? Vielleicht möchten Sie Ihre Erfahrungen hier im Blog teilen? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.  Einzelfragen können wir natürlich gerne im Führungskräfte-Coaching thematisieren.

Wer weiterlesen möchte…

brand eins / Schwerpunkt Fehler, 08/2007: Gibt einen guten Überblick mit dem Artikel „Fehlanzeige“ von Wolf Lotter und zeigt im Schwerpunkt viele weitere Facetten des Themas auf:

http://www.brandeins.de/archiv/2007/fehler.html

Ein interessanter wissenschaftlicher Beitrag zur Frage, worauf es ankommt, wenn Betriebe aus Fehlern lernen wollen:

http://www.pedocs.de/volltexte/2011/4141/pdf/SZBW_2006_H1_S111_Harteis_D_A.pdf

„Fallstricke“, ein Kompendium zur Geschichte des Fehlers von Fehlerforscher Ulrich Frey, der hier dazu bloggt, inkl. Buchrezension des Deutschlandfunks:

http://www.scilogs.de/frey-haendig/fallstricke/

 

An der Unterhaltung teilnehmen 1 Kommentar

  • Super Artikel! Ich finde den Ansatz auf der Ebene der Unternehmenskultur spannend. Offenes Feedback kann schmerzen, muss es aber nicht. Wenn die Identifikation im Unternehmen mit einer ständigen Verbesserung von Prozessen einhergeht und sich dies als Norm einbürgert, kann Fehler finden auch Spaß machen, wenn es nicht bestraft wird. Unabhängiger Buchtipp an dieser Stelle: Joy inc. von Richard Sheridan. Er beschreibt, wie man einen Arbeitsplatz schaffen kann, welchen Menschen lieben!
    Beispielsweise beschreibt er eine Einführung in seinem IT-Unternehmen, bei der sich die Mitarbeiter rechtfertigen müssen, wenn sie am Ende des Monats nicht eine gewisse Anzahl an Fehlern gemacht haben.

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